Wasserhaushalt des Seewinkels

Verdunstung und Niederschlag bestimmen seit jeher den Wasserhaushalt im Neusiedler See und des umliegenden Gebietes. Allerdings zeigen auch Entwässerungsmaßnahmen der letzten 150 Jahre nachhaltige Wirkung.

Der Neusiedler See

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Es gibt keine größeren Flüsse, die Wasser in die Gegend bringen könnten. Zudem ist das Einzugsgebiet des Sees mit rund 1120 km² im Verhältnis zu seiner Fläche sehr klein. Über 80 % des Wasserhaushalts stammen daher aus Niederschlägen, was immer wieder zu starken, teils sogar extremen Schwankungen des Seespiegels und mehrmals zur völligen Austrocknung geführt hat.

Das Seebecken des Neusiedler Sees war ursprünglich eine abflusslose Wanne. Vor rund 100 Jahren wurde allerdings der sogenannte Einserkanal mit dem Ziel gegraben, den Neusiedler See trockenzulegen. Heute hat dieser Einserkanal allerdings die Funktion, Hochwasserspitzen zu kappen, um die Wasserstandsschwankungen des Neusiedler Sees nach oben hin einzudämmen. Den Betrieb der dafür nötigen Schleuse wird übrigens einvernehmlich durch die Österreichisch-Ungarische Gewässerkommission geregelt, die sich aus Wasserbauexperten beider Länder zusammensetzt.

Der Wasserstand hängt dennoch maßgeblich von den Niederschlägen ab, was sich besonders in extrem nassen sowie auch in extrem trockenen Jahren erkennen lässt. Die jährlichen Schwankungen des Wasserpegels können dann bis zu 60 cm betragen.

Werden die Verdunstungsverluste des Sommers bereits im darauf folgenden Winter durch viel Regen und Schnee kompensiert, so können bereits die ersten Regenperioden im Frühjahr zu hohem Wasserstand und sogar Überflutungen führen. Bleiben hingegen die Winterniederschläge aus, so sinkt der Wasserspiegel des Neusiedler Sees bereits im Frühjahr.

Ausgiebige Hochsommergewitter können zwar die Geschwindigkeit des Absinkens bremsen, für eine echte «Regeneration» des Wasserstands ist allerdings die Verdunstungsrate zu dieser Jahreszeit zu hoch.

Nach zwei oder mehr regenarmen Wintern tendiert der Neusiedler See Richtung Niedrigwasserstand, mehrere trockene Winter hintereinander führen zur Austrocknung von Teilen des Seebeckens. Die letzte vollständige Austrocknungsperiode des Neusiedler Sees war von 1865 bis 1871. Aufgrund der bisher dokumentierten Austrocknungsphasen kann man annehmen, dass der Neusiedler See bisher rund hundert Mal ohne Wasser war.

Deutliche Schwankungen konnte man auch in der jüngeren Vergangenheit beobachten. So zeigte etwa 1990 die Wasserstandskurve zunächst deutlich nach unten, um in der Folge dann kontinuierlich bis zu einem Höchststand von 115,96 m (ü.A. = über dem Adria-Meeresspiegel) im Frühjahr 1996 anzusteigen. Danach fiel die Jahresniederschlagsmenge jedes Jahr deutlich unter den Durchschnittswert. In Folge fiel der Wasserpegel im Herbst 2003 auf 115,04 m (ü.A.). Seit 2006 sind wieder höhere Wasserstände mit bis zu 115,60 m (ü.A.) zu verzeichnen.

Die Salzlacken

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Noch stärker als beim Neusiedler See sind die Wasserstandsschwankungen an den Seewinkel-Lacken ausgeprägt. Viele der heute etwa 45 Lacken trocknen jeden Sommer aus. Schon im Frühsommer blitzen dann die Ränder dieser seichten Gewässer schneeweiß vom Salz, das aus oberflächennahen Bodenschichten nach oben wandert und dort auskristallisiert. Sonne, Hitze und Wind lassen in Folge die Wasserfläche in den seichten Wannen rasch kleiner werden. Die ersten Lacken sind in trockenen Jahren bereits im Mai ohne Wasser. Zusätzlich beschleunigt wird die Austrocknung durch Starkwindtage, in denen der seichte Wasserkörper auf trocken gefallene Lackenrandbereiche verdriftet wird. Für die Lacken stellt die sommerliche Austrocknung keine Bedrohung dar. Im Gegenteil: Steht das Grundwasser von unten an den dichten Lackenboden an, können durch die Kapillarwirkung "lebensnotwendige" Salze nachgeliefert werden.

Oberflächenwasser

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Auf den Wiesen des Seewinkels entstehen in Mulden und Senken durch den Niederschlag im Winterhalbjahr größere und kleinere Wasserflächen. Ein Versickern des Wassers verhindern die Bodenverhältnisse. Diese unzähligen, bis ins späte Frühjahr sichtbaren und von besonderer Artenvielfalt belebten Wasserflächen auf den Wiesen- und Hutweideflächen machen den an sich trockenen Seewinkel dann zu einem der bedeutendsten Feuchtgebiete Mitteleuropas.

Menschliche Eingriffe

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Im Lauf der Zeit wurde in diese natürlichen Verhältnisse und Abläufe immer wieder eingegriffen. Heute leitet ein ganzes Netz von Entwässerungsgräben das Wasser in Richtung Einserkanal und damit letztlich zur Donau hin ab. Auf diese Weise kam es in vielen Bereichen zu einer Absenkung des Grundwasserspiegels. Durch gezielte Rückstaumaßnahmen wird im Nationalpark Neusiedler See - Seewinkel allerdings versucht, ehemals überstaute Flächen wieder mit Wasser zu versorgen.